Lüdinghausen war einer der Orte im Fürstbistum Münster, in dem eine Niederlassung von Juden nicht erlaubt war. Erst in napoleonischer Zeit (ab 1807) konnten sich zwei jüdische Familie hier ansiedeln.

 

Die wenigen jüdischen Familien trafen sich zu Gottesdiensten zunächst in einem Privathaus; seit 1839 nutzte die kleine jüdische Gemeinschaft ein schlichtes zweigeschossiges Gebäude in der Hinterstraße, der heutigen Hermannstraße, als Synagoge. In der Mitte des Betraum stand erhöht auf einem Podest die Bima, an der Seite wenige Bänke. Die Frauen erreichten die Empore über eine schmale Treppe.

 

In diesem Gebäude befanden sich auch der Schulraum und die Lehrerwohnung. Gottesdienste wurden in der Lüdinghausener Gemeinde über lange Jahre hinweg in den überlieferten religiösen Formen und Vorschriften durchgeführt. Zwischen 1834 und 1836 sowie 1864 und 1873 soll es am Ort auch eine jüdische Elementarschule gegeben haben. Ansonsten besuchten die wenigen jüdischen Kinder die katholische Ortsschulen. Religionsunterricht erteilten Wanderlehrer oder die Eltern.

 

Zwischen Stever- und Wolfsberger Straße befand sich der Friedhof der kleinen jüdischen Gemeinde.  Im Sommer 1928 wurden auf dem jüdischen Friedhof Grabmäler umgestürzt und andere beschädigt; diese Schändung fand reichsweit Beachtung; die Täter konnten nicht ermittelt werden.

 

Lüdinghausen war nach dem Ersten Weltkrieg Hauptort des Synagogenbezirks mit den Gemeinden Lüdinghausen, Olfen, Bork, Selm, Seppenrade, Senden und Ascheberg; zuvor hatte Olfen diese Funktion besessen. Bis in die 1930er Jahre gehörte die Lüdinghauser Gemeinde zum orthodoxen Bezirksrabbinat Recklinghausen.

 

Während des Novemberpogroms von 1938 kam es in Lüdinghausen zu tätlichen Angriffen auf hier lebende Juden und zu Beschädigungen ihres Eigentums; auch in der Synagoge wurde Schaden angerichtet; einige jüdische Bewohner wurden inhaftiert. Nun setzte die „Arisierung“ jüdischen Grundbesitzes ein; dessen Alteigentümer bemühten sich zeitgleich um Auswanderung. Auch das Synagogengebäude musste abgetreten werden, der jüdische Friedhof wurde 1939 aus „sanitätspolizeilichen Gründen“ geschlossen; die Grabsteine wurden abgeräumt, das freigewordene Areal als Abstellplatz genutzt.

 

Einem ersten Deportationstransport ins Ghetto Riga im Dezember 1941 gehörten auch einige Lüdinghausener Juden an; die letzten jüdischen Einwohner wurden Ende Juli 1942 nach Theresienstadt „umgesiedelt“.

 

Auf Weisung der NSDAP-Ortsgruppenleitung mussten während des Krieges sowjetische Kriegsgefangene die sterblichen Überreste der seit 1920 auf dem Lüdinghausener Friedhof bestatteten Juden ausgraben; diese wurden dann in ein Massengrab auf den jüdischen Friedhof in Dortmund-Hörste gebracht. 

 

Drei Jahre nach Kriegsende standen drei am Novemberpogrom in Lüdinghausen Beteiligte wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor der Sonderstrafkammer des Landgerichts Münster und wurden zu kurzzeitigen Haftstrafen verurteilt.

 

An die ehemalige jüdische Gemeinde erinnern im heutigen Stadtbild nur der Friedhof (Steverstraße) und eine Erinnerungstafel am Standort der einstigen Synagoge, die in den 1980er Jahren abgerissen worden war.

 

Die auf dem Friedhof in zwei Reihen stehenden Grabsteine – insgesamt sind es heute 47 – befinden sich nicht mehr an ihren ursprünglichen Standorten. Die von Einwohnern geretteten Steine wurden auf Anordnung der britischen Besatzungsbehörden nach 1945 wieder auf dem Friedhofsgelände aufgestellt.

 

Quelle: www.jüdische-gemeinden.de